Zusammenfassung. Der gleiche Unterricht wird von Schülerinnen und Schülern einer Klasse unterschiedlich wahrgenommen. Unklar ist, welche Schülermerkmale hierfür ursächlich sind. Aus der Forschung ist zudem bekannt, dass Schülereinschätzungen der Unterrichtsqualität prädiktiv für den Schulerfolg sind. Allerdings beziehen sich viele Arbeiten auf Lernende weiterführender Schulen sowie auf mathematisch-naturwissenschaftliche Fächer. Vor diesem Hintergrund wurde in dieser Arbeit analysiert, ob zwischen Grundschülerinnen und Grundschülern systematische Unterschiede in der Wahrnehmung der Basisdimensionen von Unterrichtsqualität, Klassenführung, kognitive Aktivierung und Unterrichtsklima, im Deutschunterricht bestehen. Zusätzlich wurde untersucht, ob unter Kontrolle der individuellen Lesekompetenz die angenommenen Zusammenhänge bestehen bleiben. Des Weiteren wurde geprüft, ob die Unterrichtsqualitätseinschätzung geschlechtsbezogene Unterschiede in motivationalen Schülervariablen, welche für den Schulerfolg von Lernenden relevant sind, miterklären kann. Die Forschungsfragen wurden anhand der deutschen Teilstichprobe ( N = 3959, 49.2% weiblich) der Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung 2016 mit Mehrebenenmodellen überprüft. Mädchen nahmen das unterstützende Unterrichtsklima positiver wahr als Jungen. Das Geschlecht war hingegen nicht prädiktiv für die Wahrnehmung der Klassenführung und des Unterrichtsklimas. Auch unter Kontrolle der individuellen Lesekompetenz blieben die Zusammenhänge bestehen. Zusätzlich zeigte sich, dass die geschlechterbezogenen Unterschiede in der Lesemotivation und dem Leseverhalten durch die Wahrnehmung der Unterrichtsqualität vermittelt wurden. Die Ergebnisse werden inhaltlich und methodisch diskutiert. Implikationen für Forschung und Praxis werden abgeleitet.
Abstract. Students' perceptions of teaching quality vary within classrooms. Several student characteristics are discussed as influencing factors. Furthermore, it is known that student ratings of instructional quality are predictive for their school success. However, prior studies mostly focused on secondary school students and on science subjects. Against this background, it was analyzed whether there are systematic differences between boys and girls in their perception of the three basic dimensions, classroom management, cognitive activation, and classroom climate, of instructional quality of German classes. Furthermore, it was tested whether the assumed relations between gender and perception of instructional quality exist even under control of individual reading literacy. Additionally, it was analyzed whether the perceptions can explain gender-specific differences in motivational variables. Data from the German subsample ( N = 3959, 49.2% female) of the Progress in International Reading Literacy Study 2016 were analyzed. Girls perceived the supportive classroom climate more positively than boys did. However, gender was not predictive for classroom management, and cognitive activation. Under control of reading literacy, differences remained stable. In addition, gender-specific differences in reading motivation and reading behavior were mediated by students' perception of instructional quality. Results are discussed with regard to the content and methodically. Implications for research and practice are deduced.