Zusammenfassung. Fragestellung: Über Veränderungen in der emotionalen Befindlichkeit von Jugendlichen während einer Suchttherapie ist wenig bekannt. Methode: Die Jugendlichen füllten wöchentlich einen entsprechenden Fragebogen aus, analog ihre Bezugsbetreuer eine parallelisierte Kurzfassung. Von 42 Jugendlichen liegen insgesamt 853 Bogen und von den Bezugsbetreuern 708 Bogen vor. Die Fragebogen wurden zunächst faktorenanalytisch hinsichtlich ihrer Dimensionalität ausgewertet, anschließend wurden gruppenbezogene Verlaufsanalysen (Multi-Level-Modelle) und Abhängigkeitsanalysen auf Einzelfallebene (Zeitreihenanalysen) durchgeführt. Ergebnisse: Im Jugendlichenfragebogen ergaben sich vier Faktoren: negative Befindlichkeit, Wertschätzung von Therapie/Betreuung, Motivation und Suchtdynamik. Die Übereinstimmung zwischen den Jugendlichen- und der (einfaktoriellen) Betreuereinschätzung fiel insgesamt niedrig bis mäßig aus, brachte aber auf Einzelfallebene differenziertere Ergebnisse. Im Verlauf nahmen die Werte auf allen vier Jugendlichenskalen ab. Einzig der Verlauf der Wertschätzung in der Eingewöhnungsphase war prädiktiv für den späteren Abbruch der Maßnahme: Bei den Abbrechern nahm die Wertschätzung ab, während sie bei den Beendern initial stieg. Schlussfolgerungen: Der bedeutsamste Faktor in Bezug auf die Therapiebeendigung suchtkranker Jugendlicher scheint die Wertschätzung von Therapie/Betreuung zu sein, während die Motivation jugendtypische Schwankungen aufweist. Der Suchtdynamik kam eine deutlich weniger bedeutende Rolle zu als allgemein angenommen. Programme in der Langzeittherapie sollten die Wertschätzung von Therapie/Betreuung künftig mehr fokussieren als die Suchtdynamik.
Abstract. Objective: Little is known about the course of emotional and motivational states in young patients with substance use disorder (SUD) during long-term treatment. Method: We collected weekly self-reports from N = 42 adolescents, resulting in 853 questionnaires. Additionally, 708 observations were obtained from their key carers. Principal component analysis (PCA) was used to explore the dimensional structure of the questionnaires. Multi-level models were applied to test for group differences and time series models to evaluate dependencies on the person level. Results: PCA yielded four factors: negative mental state, appreciation of the setting, motivation, and addiction dynamics. Correlations between self- and (unidimensional) carer-reports were low to moderate, but differential on the individual level. Scores of all four scales decreased during the course of treatment. The level of appreciation during the initial phase was the only significant predictor for drop-outs of treatment later on: in drop-outs, appreciation decreased, whereas it increased in completers. Conclusion: Appreciation was the most important predictive factor for a regular therapy ending in SUD, whereas motivation showed fluctuations typical for adolescence. Addiction dynamics were of lesser relevance than commonly expected. Therefore, programs in long-term SUD treatment should focus more on improving appreciation than on issues of addiction itself.