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      Bestmögliche Balance zwischen dem Risiko für die Helfer und dem Nutzen für den Patienten Translated title: Best possible balance between risk to those providing help and the benefit for the patients

      letter
      1 , , 2 , 3
      Notfall & Rettungsmedizin
      Springer Medizin

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          Abstract

          Erwiderung Zum Leserbrief von Jenke A, Steinmetz M, Weber K, Muellenbach R (2020) Kinderreanimation während SARS-CoV-2-Pandemie – eine Balance zwischen Eigenschutz und Faktor Zeit. Notfall Rettungsmed. 10.1007/s10049-020-00768-7 Originalbeitrag Van de Voorde P, Biarent D, Bingham B et al (2020) Basismaßnahmen und erweiterte Maßnahmen zur Wiederbelebung von Kindern. Notfall Rettungsmed 23:251–256. 10.1007/s10049-020-00721-8 Sehr geehrte Kollegen, wir bedanken uns für Ihren Leserbrief zu den COVID-19-PLS(Paediatric Life Support)-Leitlinien des European Resuscitation Council (ERC) und Ihre Stellungnahme zum Vorgehen beim kindlichen Atem-Kreislauf-Stillstand während der gegenwärtigen Pandemie [1]. Uns allen ist bewusst, dass wir es hier mit teils schwerwiegenden Entscheidungsdilemmata bei gleichzeitig begrenzter Evidenzlage zu tun haben. Eine kritische Diskussion ist daher sehr begrüßenswert. Wir teilen Ihre Meinung, dass beim kindlichen Atem-Kreislauf-Stillstand nur in seltenen Fällen eine COVID-19-Erkrankung ursächlich sein wird. Die von Ihnen zitierten Daten zur Viruslast und zur vermeintlich niedrigeren Infektiosität von Kindern im Vergleich zu Erwachsenen konnten bislang allerdings nicht durch größere Studien und weitergehende Erfahrungen bestätigt werden. Dabei beobachten wir in diesen dynamischen Zeiten gleichzeitig auch, dass Daten sehr schnell und nicht immer solide begutachtet als Preprint publiziert werden – zum Teil sogar in hochrangigen Journalen. Bei aller epidemiologischen Ungewissheit ist es daher klarer Konsens aller Arbeitsgruppen des ERC und auch des International Liaison Committee on Resuscitation (ILCOR; www.ilcor.org), unbedingt die bestmögliche Balance zwischen einem möglichen Risiko für die Helfer und dem Nutzen für den Patienten zu formulieren – wobei beide Kriterien in der Regel initial nicht vollständig bekannt sind. Deshalb wurden die europäischen Leitlinien [2] auch genau in diesem Sinne formuliert, wohlwissend, dass in Situationen ohne hochgradigen COVID-19-Verdacht in der Praxis auch oft anders gehandelt wird, was selbstverständlich jedem Helfer – nach Abwägung – freisteht. Dabei sind selbstverständlich mindestens die generelle Pandemielage, die lokale Situation, eine mögliche Risikokonstellation beim Helfer und die Wahrscheinlichkeit einer infektiösen Situation beim Kind zu beachten. Diese und weitere Aspekte zu diesem schwierigen Abwägungsprozess werden in Kapitel 7 („Ethik“) der aktuellen COVID-19-Leitlinien des ERC behandelt [3]. In unseren Leitlinien wird zudem mehrfach auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der empfohlene Umfang der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) lokal definiert werden soll – auch in Abhängigkeit von den aktuellen Prävalenzen [3]. Nichtsdestotrotz wäre es zum jetzigen Zeitpunkt nicht angemessen und auch nicht gut zu verantworten, ganz grundsätzlich keine PSA zur kardiopulmonalen Reanimation zu empfehlen. Die von Ihnen vorgeschlagene zeitsparende „Basis-PSA“ wird auch in Kapitel 1 unserer Leitlinien („Einführung“) ausdrücklich und in ähnlicher Form als „minimale PSA“ beschrieben [4]. Leitlinien haben naturgemäß Empfehlungscharakter. Daher sprechen wir ausdrücklich von „Leitlinien“ und ganz bewusst nicht von „Richtlinien“. Wir haben uns in den Leitlinien darum bemüht, ein aktuelles Höchstmaß an Evidenz und Expertenkonsens zusammenzuführen. Im klinischen Alltag und im individuellen Fall kann und muss selbstverständlich bisweilen, auch das ist an den entsprechenden Stellen so formuliert, ggf. von Leitlinien abgewichen werden – nach jeweils sorgfältiger Abwägung von Risiko und Nutzen. Die damit verbundene, auch ethisch fordernde, Diskussion zu den Anpassungen der notfallmedizinischen Versorgung zu Zeiten der SARS-CoV-2-Pandemie soll und wird weitergehen. Mit freundlichen Grüßen Priv.-Doz. Dr. Florian Hoffmann Univ.-Prof. Dr. Bernd W. Böttiger Prof. Dr. Christoph Eich

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          Ethik der Reanimation und Entscheidungen am Lebensende

          Key Messages Alle „vorübergehenden“ Anpassungen an bestehende Leitlinien sollen im Kontext jedes einzelnen Gesundheitssystems interpretiert werden, unter Berücksichtigung der Verbreitung von COVID-19, der verfügbaren Ressourcen usw. Unser Wissen über COVID-19 ist immer noch begrenzt, und die Leitlinien müssen möglicherweise aktualisiert werden, sobald weitere Daten verfügbar sind. Die allgemeinen ethischen Grundsätze der Wiederbelebung bleiben gültig. Wenn möglich, soll „advanced care planning“ (ACP – vorausschauende Behandlungsentscheidung; Patientenverfügung) in Betracht gezogen werden [1]. Dies kann im Zusammenhang mit der aktuellen COVID-19-Pandemie aufgrund der Wissenslücken, der Maßnahmen zur sozialen Distanzierung usw. besonders schwierig sein. Wir betrachten die kardiopulmonale Wiederbelebung (CPR) als eine Behandlung „unter Vorbehalt“ und schlagen Kriterien für das Zurückhalten oder die Beendigung der Wiederbelebung vor. Die Umsetzung dieser Kriterien in einem Gesundheitssystem hängt vom lokalen Kontext ab (rechtlich, kulturell und organisatorisch). Behandlungsteams sollen für jeden einzelnen Patienten sorgfältig dessen Überlebenschancen und/oder „gutes“ langfristiges Outcome sowie den erwarteten Ressourcenverbrauch bewerten. Da es sich hierbei nicht um eine statische Situation handelt, soll eine solche Bewertung regelmäßig überprüft werden. Wir raten davon ab, Kategorien oder „pauschale“ Kriterien (z. B. Altersschwellen) zu verwenden, um die „Berechtigung“ eines Patienten festzulegen, bestimmte Ressourcen zu erhalten oder nicht zu erhalten. Die zentrale Herausforderung bei der Wiederbelebung während der COVID-19-Pandemie ist die Schwierigkeit, das Risiko für den Anwender und den potenziellen Nutzen für den Patienten zuverlässig auszubalancieren. Während medizinisches Personal sein Bestes für jeden einzelnen Patienten gibt, soll es sich zugleich seiner Verantwortung gegenüber Verwandten, Kollegen und der Gesellschaft bewusst sein. Angehörige von Gesundheitsberufen (einschließlich Ersthelfer) sollen bei allen Patienten mit bestätigtem oder vermutetem COVID-19 persönliche Schutzausrüstung (PSA) verwenden. Die Art der PSA soll auf Systemebene im Verhältnis zum vermuteten Übertragungsrisiko definiert werden. Während das Vorgehen lokal an die aktuelle Realität der Pandemie angepasst werden kann, ist es, um einen exzessiven Anstieg von Mortalität und Morbidität durch den verzögerten Beginn der Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW) zu vermeiden, unerlässlich, dass wir weiterhin eine von Leitstellendisponenten unterstützte CPR (Telefonreanimation) anbieten und Laienhelfer rekrutieren, ausbilden und/oder bei Kreislaufstillstand „first responder“ senden. Einführung Die COVID-19(Coronavirus Disease 2019)-Pandemie stellt eine weltweite Krise dar, die in vielen Regionen zu erheblicher Morbidität und Mortalität führt. Das SARS-CoV-2(Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus 2)-Virus ist hochansteckend und ohne Immunität der Bevölkerung wesentlich tödlicher als die saisonale Influenza, insbesondere bei den am stärksten gefährdeten Menschen [2]. COVID-19 ist eine „neue“ Krankheit, und trotz vieler kürzlich veröffentlichter Studien ist unser Wissen darüber immer noch sehr begrenzt. Es wurden viele damit verbundene Risiken identifiziert, die das bereits angespannte Gesundheitssystem weiter unter Druck setzen und zu einer übermäßigen Mortalität führen können [3, 4]: Wenn viele Menschen gleichzeitig erkranken, kann der Ressourcenbedarf die Ressourcenverfügbarkeit erheblich übersteigen. Dies umfasst u. a. Intensivpflegebetten, Beatmungsgeräte, Medikamente, Testmaterialien und persönliche Schutzausrüstung (PSA). Medizinisches Personal hat ein erhöhtes Risiko, sich mit COVID-19 zu infizieren, was zusätzliche Herausforderungen für eine ausreichende Personalbesetzung für die direkte Patientenversorgung und die Hintergrundarbeit mit sich bringt. Störungen des Gesundheitssystems (aufgrund unzureichender Ressourcen, geringerer Bereitstellung auch von nicht COVID-19-bezogener Versorgung und v. a. übertriebener Angst) wirken sich auch auf die Versorgung von Patienten mit anderen akuten und chronischen medizinischen Problemen aus. Letztlich könnte dies zu einer höheren Morbidität und Mortalität führen als COVID-19 selbst [5]. In Anbetracht dessen hat die „ERC Ethics Writing Group“ (WG) einen klaren Bedarf an ethischen Leitlinien festgestellt. Wir sind uns darüber im Klaren, dass wichtige Änderungen der Leitlinien zur Wiederbelebung erhebliche und möglicherweise dauerhafte Auswirkungen auf das Patientenüberleben haben können. Alle „vorübergehenden“ Anpassungen der bestehenden Leitlinien sollen immer im Kontext jedes Gesundheitssystems interpretiert werden und Faktoren wie die Prävalenz von COVID-19 in einer Region und die Gesamtauswirkung auf die vorhandenen Ressourcen berücksichtigen. Angesichts der begrenzten verfügbaren Evidenz sind die meisten der folgenden Aussagen das Ergebnis eines Expertenkonsenses. Sie basieren auf der jüngsten systematischen ILCOR-Überprüfung des Risikos der Übertragung von COVID-19 auf Helfer während der Wiederbelebung, auf bestehenden Leitlinien anderer Fachgesellschaften und Berufsverbände sowie auf jüngsten, klinischen Studien, die meistens auf Beobachtungen beruhen [4, 6–12]. Auch indirekte Evidenz aus nicht klinischen Veröffentlichungen, wie z. B: über die Pathophysiologie, haben unsere endgültigen „Erkenntnisse“ beeinflusst. Gesundheitsorganisation während der COVID-19-Pandemie Basierend auf den Grundsätzen von Fürsorge, Gerechtigkeit und Gleichheit soll jeder einzelne Patient Zugang zum aktuellen Behandlungsstandard haben. Jedoch muss der Nutzen für den einzelnen Patienten mit dem für die gesamte Gesellschaft ausgeglichen werden. Insbesondere wenn der Bedarf an Gesundheitsressourcen die Kapazität übersteigt, kann dies bedeuten, die bestmögliche medizinische Versorgung für eine möglichst große Anzahl von Menschen anzustreben (Verteilungsgerechtigkeit; [12, 13]). Während die Gesundheitssysteme im Wesentlichen bestrebt sein sollen, allen zu helfen, denen sie dienen, und darauf gut vorbereitet sein sollen, ist das Ausmaß der Krise so groß, dass es derzeit in manchen Regionen die vorhandenen Ressourcen überfordern könnte [2, 14]. Wenn ein klares Ungleichgewicht zwischen Ressourcenbedarf und verfügbarer Kapazität besteht, sollen Richtlinien für die Zuweisung und Verteilung von Ressourcen auf Systemebene (z. B. Regierung, nationale Behörden) und nicht von einzelnen Institutionen oder medizinischem Personal entwickelt werden. Solche Richtlinien sollen sowohl von Angehörigen der Gesundheitsberufe mit unterschiedlichem Hintergrund als auch von Experten für medizinische Ethik, Recht, Wirtschaft und Soziologie konsentiert werden. Besondere Aufmerksamkeit soll schutzbedürftigen Bevölkerungsgruppen gewidmet werden, die trotz eines höheren Risikos, zu erkranken, einem höheren Risiko einer „ungerechtfertigten Diskriminierung“ ausgesetzt sind [13, 15, 16]. Die Effektivität jeder Maßnahme hängt vom Vertrauen der Bevölkerung in die Gesundheitsbehörden, die politischen Führer und Institutionen und deren Glaubwürdigkeit ab [14, 17, 18]. Vor diesem Hintergrund ist eine vollständig transparente, faktenbasierte Kommunikation von entscheidender Bedeutung. Ethische Entscheidungsfindung bei fehlenden Ressourcen Die ethische Entscheidungsfindung bei Katastrophen erfordert per Definition einen spezifischen Ansatz, insbesondere wenn ein großes Ungleichgewicht zwischen Ressourcenverfügbarkeit und Ressourcenbedarf besteht [8, 19–21]. In einer solchen Situation basieren Entscheidungen typischerweise auf Kontextparametern (Sicherheit, Zugänglichkeit, Verfügbarkeit und Fähigkeit) sowie den erwarteten patientenindividuellen Behandlungsergebnissen [14]. Es ist von grundlegender Bedeutung, dass alle Patienten so lange wie möglich nach den besten Standards versorgt werden. Sobald dies jedoch nicht mehr garantiert werden kann, soll die Priorisierung alle Patienten umfassen, die Ressourcen benötigen, unabhängig davon, ob sie als direkte Folge der Katastrophe oder aus einem anderen Grund krank oder verletzt wurden. Die Anfangsphase der aktuellen Pandemie hat gezeigt, dass die Spitzenkapazität eines jeden Gesundheitssystems zu einem bestimmten Zeitpunkt überfordert sein kann, was möglicherweise zu einem echten Mangel an Intensivbetten, Beatmungsgeräten, PSA und der gesamten Wiederbelebungskapazität führt. Wenn dies eintritt, müssen Entscheidungen hinsichtlich der Ressourcenzuweisung getroffen werden. Solche Entscheidungen sollen zeitnah (nicht vorbeugend, aber nicht zu spät) und konsistent getroffen werden. Wie oben erwähnt, sollen diese Entscheidungen nicht nur von einzelnen Institutionen oder Angehörigen von Gesundheitsberufen getroffen werden, sondern auf Protokollen auf Systemebene basieren. Auf verschiedenen operativen Ebenen sollen „Ethikteams“ eingerichtet werden, um einzelne Angehörige von Gesundheitsberufen bei der Verantwortung für Rationierungsentscheidungen zu unterstützen und/oder sie zu entlasten [22, 23]. Sobald Entscheidungen getroffen wurden, soll das medizinische Personal entsprechend handeln, und die, die den definierten ethischen Rahmen nicht akzeptieren können, sollen vorzugsweise klinische Unterstützungsfunktionen in Bereichen übernehmen, in denen keine Rationierungsentscheidungen erforderlich sind. Solche Verteilungsentscheidungen sollen jederzeit gut dokumentiert sein (idealerweise auch in einem Register), um Transparenz und zukünftige Nachprüfungen zu ermöglichen. Die ethische Entscheidungsfindung im Kontext einer Pandemie ist komplex. Sie soll auf der sorgfältigen Anerkennung verschiedener, manchmal widersprüchlicher, ethischer Grundsätze und gesellschaftlicher Präferenzen im konkreten Kontext der Ressourcenverfügbarkeit und der Bedürfnisse zum jeweiligen Zeitpunkt beruhen [2, 13]. Obwohl wir die Tatsache anerkennen, dass es keine universelle „Wahrheit“ gibt, möchte die ERC-Ethik-Arbeitsgruppe einige Überlegungen hervorheben, um die Gesundheitssysteme bei der Entwicklung ihrer lokalen Leitlinien zu informieren: Wenn es wirklich ein Ungleichgewicht zwischen den verfügbaren und benötigten Ressourcen gibt, würden die meisten Autoren für ein gewisses Maß an „Verteilungsgerechtigkeit“ eintreten, was „das größte Gut für die größte Anzahl von Menschen“ bedeutet und die Bedürfnisse der Gesellschaft höher bewertet als die eines Individuums [8, 12, 19, 24]. Dieses Konzept ist in der Praxis äußerst schwierig anzuwenden. Ein in erster Linie auf „Wohlergehen“ basierter Ansatz mag im Kontext einer Katastrophe vernünftig sein, aber es ist schwierig zu definieren, was tatsächlich als Wohlergehen gilt und wie es wirklich maximiert werden kann. Dies beinhaltet potenzielle Konflikte zwischen Quantität und Qualität der Lebensjahre sowie die Herausforderung, die Lebensqualität zu bewerten und vorherzusagen. Behandlungsteams sollen für jeden einzelnen Patienten sorgfältig dessen Überlebenschancen und/oder „gutes“ langfristiges Outcome sowie den erwarteten Ressourcenverbrauch bewerten. Da es sich hierbei nicht um statische Fakten handelt, soll eine solche Bewertung regelmäßig überprüft werden. Wir sind der Meinung, dass es in diesem speziellen Kontext keinen ethischen Unterschied zwischen dem Zurückhalten oder der Beendigung von medizinischer Behandlung gibt, selbst wenn das eine passiv und das andere aktiv erfolgt. Wir erkennen zwar an, dass die Standpunkte je nach kulturellem und ethischem Hintergrund unterschiedlich sein können, sind jedoch der Ansicht, dass der Entzug medizinischer Unterstützung sich ethisch von einer aktiven Beendigung des Lebens unterscheidet, die wir selbst während einer Pandemie als ethisch nicht zulässig erachten [25, 26]. Eine angemessene Komfortpflege am Lebensende ist in jedem Fall obligatorisch. Statt sich ausschließlich auf Expertenmeinungen zu berufen, sollen die wenigen Erkenntnisse, die es in der Literatur gibt, sorgfältig bedacht werden. Es gibt keine ethischen Gründe, bestimmte Gruppen aufgrund von Beruf, Rang, Status oder ähnlichen Kriterien zu bevorzugen. Auch persönliche Merkmale von Menschen wie Zahlungsfähigkeit, Lebensstil oder Verdienste um die Gesellschaft sollen bei der Priorisierung nicht als ethische Kriterien herangezogen werden. Einige Autoren befürworten die Priorisierung von medizinischem Personal und anderen „kritischen Berufen“ aufgrund ihres (schwer zu ersetzenden) „instrumentellen Werts“ und der Risiken, die sie bereitwillig eingehen [2, 23]. Diese Argumentation wäre jedoch nur relevant, wenn die identifizierten Personen tatsächlich „Schlüsselrollen“ spielen, was oft schwierig zu definieren ist, und wenn ein langfristiger Mangel bei dieser Art der „Schlüsselrolle“ zu erwarten ist [13]. Wir sind der Meinung, dass kategoriale Einschlüsse (wie im obigen Beispiel) oder Ausschlüsse (schwere chronische Lungenerkrankungen, schwere kognitive Beeinträchtigungen usw.) ethisch fehlerhaft sind [4, 23]. Innerhalb der ethischen Grenzen von „autonomy“, „beneficence and non-maleficence“ (Selbstbestimmung, Fürsorge und Schadensvermeidung) ist jedes Leben es wert, gerettet zu werden. Anstatt Bevölkerungsgruppen zu identifizieren, für die es nicht mehr erforderlich ist, ihre „Berechtigung“ zum Erhalt bestimmter Ressourcen zu bewerten, wenn diese Ressourcen knapp sind, erfordern die ethischen Grundsätze von Gerechtigkeit und Gleichheit eine unvoreingenommene Bewertung jedes einzelnen Patienten. Wenn Patienten wirklich gleich sein sollten, würden sich einige immer noch auf das Prinzip „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ verlassen. Andere sind jedoch der Meinung, dass dies zu Ungerechtigkeit führt, beispielsweise, wenn Personen später in der Pandemie krank werden, weil sie sich strikter an empfohlene Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit halten, oder wenn Personen aufgrund sozialer Ungleichheit schlechteren Zugang zur Gesundheitsversorgung haben, und würden unter diesen Umständen einen egalitäreren Ansatz befürworten (z. B. durch ein Losverfahren; [2, 23]). Eine Möglichkeit, mit diesem Dilemma umzugehen, besteht darin, innerhalb des vorgegebenen ethischen Rahmens die Unterscheidung zwischen Einzelfällen zu optimieren, indem beispielsweise nicht nur ihr Ausgangsstatus, sondern auch ihre Entwicklung und ihr Ansprechen auf die Behandlung berücksichtigt werden. Die Kriterien sind nicht statisch und müssen rechtzeitig an Änderungen der COVID-19-Behandlungsmöglichkeiten, der Epidemiologie und der Krankenhausressourcen angepasst werden [4]. Jede Entscheidung in Bezug auf die Einschränkung der Behandlung zu jedem Zeitpunkt im Verlauf der Versorgung muss dem Patienten und seinen Angehörigen respektvoll und einfühlsam, mit voller Transparenz und Nennung der Direktive mitgeteilt werden. Dem Patientenkomfort soll jederzeit die gebührende Aufmerksamkeit gewidmet werden. Vorausschauende Behandlungsentscheidungen Vorausschauende Behandlungsentscheidungen (ACP; Patientenverfügung) sollen bei allen Patienten mit einem erhöhten Risiko für einen Kreislaufstillstand oder einem voraussehbar schlechten Ergebnis im Fall eines Kreislaufstillstands in Betracht gezogen werden. Sie sollen Entscheidungen über Wiederbelebung, mechanische Beatmung, Aufnahme auf die Intensivstation und Aufnahme in ein Krankenhaus beinhalten. Bei Patienten mit bereits bestehender ACP kann es erforderlich sein, deren Angemessenheit im gegebenen Kontext zu bewerten. Die Diskussion über ACP soll den Patienten (falls möglich), seine Angehörigen (wenn der Patient zustimmt), seinen behandelnden Arzt und andere beteiligte Angehörige der Gesundheitsberufe (z. B. Intensivärzte, Krankenschwestern, Palliativteam) einbeziehen. Wir sind uns bewusst, dass dies im Zusammenhang mit sozialer Distanzierung, bei der viel Kommunikation über Telefon oder Videoverbindung erfolgt, eine Herausforderung darstellen kann [27, 28]. Darüber hinaus bestehen noch wichtige Wissenslücken, die die Prognosestellung im Kontext mit COVID-19 erschweren. Hinweise zum Zurückhalten und Beenden der Reanimation Die allgemeinen Grundsätze der Ethik in Notfällen und bei der Wiederbelebung bleiben während der COVID-19-Pandemie gültig [1, 12]. Die kardiopulmonale Wiederbelebung (CPR) soll als „bedingte“ Behandlung betrachtet werden, und die Gesundheitssysteme sollen Kriterien für die Entscheidungsfindung über die Wiederbelebung unter Berücksichtigung ihres spezifischen lokalen Kontextes implementieren, rechtlich, kulturell und organisatorisch. Die Wiederbelebung soll nicht begonnen oder fortgesetzt werden, wenn die Sicherheit des Helfers nicht ausreichend gewährleistet werden kann, wenn eine offensichtliche tödliche Verletzung oder der Tod vorliegen oder wenn es eine gültige und relevante Patientenverfügung gibt (s. „…Sicherheit des Helfers“ unten). Das Outcome bei einem nicht defibrillierbaren Kreislaufstillstand durch Hypoxämie aufgrund einer COVID-19-Pneumonie ist sehr schlecht [17, 29]. In einem solchen Fall können Gesundheitssysteme (und/oder Helfer) davon ausgehen, dass das Risiko eines Schadens den erwarteten Nutzen einer Wiederbelebung übersteigt; dies stellt einen Grund für die frühzeitige Beendigung der Wiederbelebung dar. Änderungen der Reanimation zur Sicherheit des Helfers Die Sicherheit der Helfer – sowohl von Laienhelfern als auch medizinischem Fachpersonal – ist wichtig. Bei der Wiederbelebung kommt es zwangsläufig zu einem Abwägen zwischen dem Risiko für den Helfer und dem Nutzen für den Patienten. Während medizinisches Personal versucht, das Risiko für sich so niedrig wie möglich zu halten, akzeptiert es routinemäßig ein bestimmtes Risiko als Teil seines Berufs. Bis zu einem gewissen Grad gilt dies auch für Laien und wird bei diesen von ihrer Beziehung zum Opfer sowie von ihrer Risikowahrnehmung abhängen. Das Schlüsselproblem bei der Wiederbelebung während der COVID-19-Pandemie besteht darin, dass sowohl das genaue Risiko für den Anbieter als auch der wahre Nutzen für den Patienten unbekannt sind. Viele Angehörige der Gesundheitsberufe sehen sich unabhängig vom Risiko verpflichtet, den Patienten zu behandeln und nach besten Kräften zu helfen. Für Ärzte spiegelt sich dies im hippokratischen Eid wider. Während sie ihr Bestes für einen einzelnen Patienten geben, sollen sich Angehörige von Gesundheitsberufen auch ihrer Verantwortung gegenüber ihren Verwandten, Kollegen und der Gesellschaft bewusst sein [4]. Angehörige von Gesundheitsberufen, die das Risiko einer Übertragung unterschätzen, können Viren auf den Rest ihres Teams und innerhalb der Gesellschaft verbreiten und das Gesundheitssystem weiter belasten [30, 31]. CPR birgt ein klares Risiko für die Übertragung von Infektionskrankheiten, selbst wenn es sich dabei nur um CPR mit Thoraxkompression handelt [11, 32]. Medizinisches Personal soll daher in allen Fällen mit bestätigtem oder vermutetem COVID-19 geeignete PSA verwenden (und über deren ordnungsgemäße Verwendung informiert sein). Die Art der PSA wird im einleitenden Teil dieser Leitlinien definiert. Laien oder Ersthelfer sollen sich so weit wie praktisch möglich schützen und Aktionen mit einem hohen Übertragungsrisiko meiden, insbesondere wenn sie selbst ein großes Risiko für ein schlechtes Outcome im Fall einer Übertragung haben (ältere Menschen, chronische Lungenerkrankungen, Herzerkrankungen). Helfer, die Pflegekräfte oder Haushaltsmitglieder des Opfers sind, wurden möglicherweise bereits exponiert und sind wahrscheinlich eher bereit, CPR durchzuführen, unabhängig vom potenziell erhöhten Risiko. In der gegenwärtigen Situation ist es sehr wichtig, nach jedem Wiederbelebungsversuch systematisch eine Nachbesprechung durchzuführen und die Teamleistung, den medizinischen und ethischen Entscheidungsprozess sowie mögliche Probleme wie den persönlichen Schutz und die Sicherheit der Rettungskräfte zu adressieren. Verantwortlichkeit einzelner Angehöriger der Gesundheitsberufe Trotz des erheblichen Stresses, der durch die aktuelle Pandemie verursacht wird, sollen Angehörige der Gesundheitsberufe nach besten Kräften helfen, ihr Handeln an den vorliegenden Leitlinien ausrichten, sich, ihre Patienten und ihre Kollegen vor einer Übertragung schützen, Ressourcen verantwortungsvoll einsetzen, z. B. die Verschwendung oder unangemessene Verwendung von Schutzausrüstung vermeiden, medizinische (ethische) Entscheidungen ordnungsgemäß dokumentieren und kommunizieren, auch für Patienten mit akuten oder chronischen Problemen, die nicht in direktem Zusammenhang mit COVID-19 stehen, eine kontinuierliche Versorgung gewährleisten, mitfühlend und einfühlsam gegenüber den emotionalen und psychologischen Bedürfnissen von Kollegen sowie Patienten und deren Angehörigen sein. Erwägen Sie ggf. eine Überweisung und Nachkontrolle.
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            Einführung

            J. Nolan (2020)
            Einführung COVID-19 wurde von der Weltgesundheitsorganisation zur Pandemie erklärt. Die Krankheit wird durch das schwere akute Atemnotsyndrom Coronavirus 2 (SARS-CoV-2) verursacht und ist höchst ansteckend. Eine aktuelle systematische Übersicht mit 53.000 Patienten ergab, dass 80 % der Patienten an einer leichten Erkrankung, 15 % an einer mittelschweren Erkrankung und etwa 5 % an einer schweren Erkrankung leiden, die eine Aufnahme auf der Intensivstation (ITS) erfordert [1]. In dieser Übersichtsarbeit betrug die Sterberate 3,1 %. Von 136 Patienten mit schwerer COVID-19-Pneumonie und innerklinischem Kreislaufstillstand in einem tertiären Krankenhaus in Wuhan, China, hatten 119 (87,5 %) eine respiratorische Ursache des Kreislaufstillstands [2]. Bei dieser Patientenkohorte war der initiale Herzrhythmus bei Kreislaufstillstand in 122 Fällen (89,7 %) eine Asystolie, in 6 Fällen (4,4 %) eine pulslose elektrische Aktivität und in 8 Fällen Kammerflimmern/pulslose ventrikuläre Tachykardie (VF/pVT; 5,9 %). In einer weiteren Fallserie von 138 hospitalisierten COVID-19-Patienten entwickelten 16,7 % der Patienten Arrhythmien; 7,2 % hatten eine akute Schädigung des Herzens [3]. Obwohl also wahrscheinlich die meisten dieser Patienten mit Kreislaufstillstand einen nichtdefibrillierbaren Herzrhythmus aufweisen, der durch Hypoxämie verursacht wird (obwohl Dehydration, Hypotonie und Sepsis ebenfalls dazu beitragen können), werden einige einen defibrillierbaren Rhythmus haben, der mit Arzneimitteln in Verbindung stehen kann, die ein verlängertes QT-Syndrom verursachen (z. B. Chloroquin, Azithromycin), oder durch eine Myokardischämie verursacht sein kann. In der Fallserie der 136 Kreislaufstillstände aus Wuhan überlebten 4 (2,9 %) Patienten mindestens 30 Tage, aber nur einer von ihnen hatte ein günstiges neurologisches Ergebnis [2]. Risiken im Zusammenhang mit kardiopulmonaler Wiederbelebung (CPR) bei Patienten mit COVID-19 Übertragungswege von SARS-CoV-2 Die Übertragung von SARS-CoV‑2 erfolgt hauptsächlich über Atemwegssekrete, entweder direkt vom Patienten oder durch das Berühren kontaminierter Oberflächen. Atemwegssekrete werden entweder als Tröpfchen (>5–10 μm Durchmesser) oder als Luftpartikel (<5 μm) bezeichnet. Tröpfchen fallen auf Oberflächen in bis zu 1–2 m Entfernung von den Atemwegen des Patienten, während Luftpartikel längere Zeit in der Luft schweben können [4]. Persönliche Schutzausrüstung (PSA) Die minimale persönliche Schutzausrüstung (PSA) zum Schutz vor Tröpfchen besteht aus: Einmalhandschuhen, kurzärmligem Schutzkittel, flüssigkeitsbeständiger chirurgischer Maske, Augen- und Gesichtsschutz (flüssigkeitsbeständiger Mund-Nase-Schutz mit integriertem Visier oder Vollgesichtsschutz/Visier oder Schutzbrille aus Polycarbonat oder Gleichwertiges). Die minimale PSA für Luftpartikel umfasst: Einmalhandschuhe, langärmligen Schutzkittel, Atemschutzmaske FFP3 oder N99-Maske/Beatmungsgerät (FFP2 oder N95, falls FFP3 nicht verfügbar)*, Augen- und Gesichtsschutz (Vollgesichtsschutz/Visier oder Schutzbrille aus Polycarbonat oder Gleichwertiges). Alternativ können motorbetriebene Luftreinigungs-Atemschutzgeräte (PAPRs) mit Hauben verwendet werden. *Die Europäische Norm (EN 149: 2001) klassifiziert FFP-Atemschutzmasken in drei Klassen: FFP1, FFP2 und FFP3 mit einer Mindestfiltrationswirkung von jeweils 80 %, 94 % und 99 %. Das US-amerikanische National Institute for Occupational Safety and Health (NIOSH) klassifiziert Atemschutzmasken mit Partikelfilterung in neun Kategorien, basierend auf ihrer Ölbeständigkeit und ihrer Effizienz bei der Filterung von Partikeln in der Luft. N bedeutet nicht ölbeständig; R ist mäßig ölbeständig und P ist stark ölbeständig – „öldicht“. Auf die Buchstaben N, R oder P folgen die numerischen Bezeichnungen 95, 99 oder 100, die die minimale Filtrationseffizienz des Filters von 95 %, 99 % und 99,97 % der in der Luft befindlichen Partikel (<0,5 μm) angeben [5, 6]. Einige Gesundheitssysteme sind mit einem Mangel an Personal und Ausrüstung – inklusive Beatmungsgeräten – konfrontiert, was die Behandlung kritisch kranker Patienten während der COVID-19-Pandemie erschwert. Entscheidungen über Triage und Zuweisung von Gesundheitsressourcen, einschließlich der Durchführung einer CPR und anderer Notfallversorgung, müssen von einzelnen Gesundheitssystemen auf der Grundlage ihrer Ressourcen, Werte und Prioritäten getroffen werden. Allerdings sieht es der ERC als absolut inakzeptabel an, die Sicherheit von Angehörigen der Gesundheitsberufe zu gefährden. Das International Liaison Committee on Resuscitation (ILCOR) hat eine systematische Übersicht erarbeitet, die die folgenden drei Fragen behandelt [7]: Sind Thoraxkompressionen oder Defibrillation eine aerosolerzeugende Maßnahme? Erhöhen Thoraxkompression, Defibrillation oder CPR (alle CPR-Interventionen, die Thoraxkompression einschließen) die Infektionsübertragung? Welche Art von PSA wird von Personen benötigt, die Thoraxkompression, Defibrillation oder CPR durchführen, um eine Infektionsübertragung vom Patienten auf den Helfer zu verhindern? Die Evidenz bei der Beantwortung dieser Fragen ist gering und umfasst hauptsächlich retrospektive Kohortenstudien [8, 9] und Fallberichte [10–15]. In den meisten Fällen sind Thoraxkompressionen und die Defibrillation mit allen anderen Wiederbelebungsmaßnahmen zusammengefasst, was bedeutet, dass in diesen Studien erhebliche Begriffsverwirrung herrscht. Die Aerosolerzeugung durch Thoraxkompressionen ist plausibel, da sie kleine, aber messbare Atemzugvolumina erzeugen [16]. Thoraxkompressionen ähneln einigen Techniken der Physiotherapie, die mit Aerosolerzeugung verbunden sind [17]. Außerdem befindet sich die Person, die Thoraxkompressionen durchführt, in unmittelbarer Nähe der Atemwege des Patienten. Die systematische Übersicht des ILCOR ergab keine Hinweise darauf, dass durch Defibrillation Aerosole entstehen. In diesem Fall wäre die Dauer der Aerosolentstehung kurz. Darüber hinaus ermöglicht die Verwendung von Klebepads, dass die Defibrillation ohne direkten Kontakt zwischen dem Anwender des Defibrillators und dem Patienten durchgeführt werden kann. Die ILCOR-Behandlungsempfehlungen lauten: Wir unterstellen, dass Thoraxkompressionen und kardiopulmonale Wiederbelebung das Potenzial haben, Aerosole zu erzeugen (schwache Empfehlung, sehr geringe Evidenz). Wir empfehlen, dass in der aktuellen COVID-19-Pandemie Laienhelfer* eine Reanimation mit alleiniger Thoraxkompression und Anwendung eines Public-Access-Defibrillators (öffentlich zugänglicher automatisierter Defibrillator) in Betracht ziehen (Empfehlung eines bewährten Vorgehens). Wir regen an, dass bei der aktuellen COVID-19-Pandemie Laienhelfer, die dazu bereit, geschult und in der Lage sind, Kindern zusätzlich zu Thoraxkompressionen auch Atemspende geben können (Empfehlung eines bewährten Vorgehens). Wir schlagen vor, dass bei der aktuellen COVID-19-Pandemie Angehörige der Gesundheitsberufe während der Wiederbelebung eine persönliche Schutzausrüstung für aerosolerzeugende Verfahren verwenden sollen (schwache Empfehlung, sehr geringe Evidenz). Wir empfehlen, dass es für Angehörige von Gesundheitsberufen sinnvoll sein kann, eine Defibrillation in Betracht zu ziehen, bevor sie die persönliche Schutzausrüstung gegen Aerosole anlegen, wenn sie zu dem Schluss kommen, dass der Nutzen die Risiken überwiegt (Empfehlung eines bewährten Vorgehens). *Kommentar – nach Ansicht des ERC gilt dies sowohl für geschulte Ersthelfer wie für Laienhelfer.
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              Kinderreanimation während SARS-CoV-2-Pandemie – eine Balance zwischen Eigenschutz und Faktor Zeit

              Leserbrief zu Van de Voorde P, Biarent D, Bingham B et al (2020) Basismaßnahmen und erweiterte Maßnahmen zur Wiederbelebung von Kindern. Notfall Rettungsmed 23:251–256. 10.1007/s10049-020-00721-8 Erwiderung Hoffmann F, Böttiger BW, Eich C (2020) Bestmögliche Balance zwischen dem Risiko für die Helfer und dem Nutzen für den Patienten. Notfall Rettungsmed. 10.1007/s10049-020-00769-6 Mit Interesse haben wir die COVID-19-Leitlinien des European Resuscitation Council gelesen. Während wir die auf Expertenkonsens beruhenden Empfehlungen hinsichtlich der Schutzmaßnahmen bei Erwachsenen voll und ganz nachvollziehen können, halten wir die Empfehlungen für Kinder und Neugeborene in der Risiko-Nutzen-Abwägung für etwas unverhältnismäßig. Um das Risiko einer Transmission von SARS-COV‑2 auf das medizinische Personal zu minimieren, wird durch die Autoren auch für Reanimationen im Kindesalter das Tragen einer persönlichen Schutzausrüstung empfohlen, „wenn es sich um Kind mit Verdacht … auf Covid-19-Infekt handelt“ [1]. Gerade in den Herbst- und Wintermonaten liegt die Inzidenz von Infektionen der oberen Luftwege bei Kindern im Alter zwischen 0 und 6 Jahren bei etwa 0,5 pro Person pro Monat [2]. In diesen Monaten ist also davon auszugehen, dass wenigstens 50 % aller Reanimationen bei Kindern unter COVID-19-Verdacht erfolgen. In diesen Fällen wird sich die Reanimation daher um die Zeit verzögern, die zum Anlegen der PSA (persönliche Schutzausrüstung) nach den Vorgaben des RKI benötigt wird. Derzeit liegt die Überlebensrate von Kindern mit Herz-Kreislauf-Stillstand (CA, Cardiac Arrest) bei lediglich ca. 6,7–10,2 %, ohne wesentliche neurologische Defizite sogar nur bei ca. 1% [3]. Im Gegensatz zu einem CA bei Erwachsenen ist die Durchführung einer Reanimation im Kindesalter noch zeitkritischer. Hierfür erscheint der wesentlich höhere Anteil an Hypoxämie sowie die gleichzeitig deutlich reduzierte Hypoxämietoleranz ursächlich. Es muss daher die Frage gestellt werden, ob eine zeitliche Verzögerung durch das grundsätzliche Anlegen einer PSA (Schutzhandschuhe, Schutzkittel, Schutzbrille, FFP3-Maske) bei Kindern mit CA und Infektanamnese im Verhältnis zu einer möglichen Infektionsgefahr des Behandlers durch das zu reanimierende Kind steht. Zumal die Wahrscheinlichkeit eines COVID-19-Infekts als Ursache des Herz-Kreislauf-Stillstands aufgrund der niedrigen Inzidenz sehr unwahrscheinlich ist. Bezüglich der Viruslast bei Kindern gibt es bisher nur eine Studie. Diese hat bisher nicht den Peer-Review-Prozess durchlaufen und auch nur eine verhältnismäßig geringe Anzahl an COVID-19-positiven Kindern eingeschlossen [4]. Hier findet sich eine vergleichbare mittlere Viruslast bei Kindern und Erwachsenen. Basierend darauf schlussfolgern die Autoren, dass Kinder genauso infektiös sind wie Erwachsene. Interessanterweise finden sich aber doch einige Unterschiede zwischen Kindern und Erwachsenen. So ist der prozentuale Anteil an Kindern mit einer Viruslast von >250.000 Kopien/ml – der Konzentration, bei der basierend auf Zellkulturstudien mit einer Infektiosität oberhalb von 5 % zu rechnen ist – mit 29,0 % deutlich geringer als bei über 20-Jährigen, bei denen der prozentuale Anteil bei 51,4 % liegt. Außerdem finden sich in den älteren Altersgruppen Spitzenwerte der Viruslast, die um den Faktor 100 höher liegen, sodass die Anzahl der „Superspreader“ unter den Kindern geringer sein könnte. Rein epidemiologisch finden sich derzeit keinerlei Hinweise für eine hohe Infektiosität der Kinder. Im Gegenteil scheint die Infektiosität ebenso wie die Suszeptibilität für COVID-19 eher geringer zu sein als bei Erwachsenen, wobei auch hier der Großteil der Studien „non-peer-reviewed preprints“ sind. Tatsächlich muss aufgrund der niedrigen Inzidenz bei Kindern zur epidemiologischen Abschätzung der Infektiosität auf Einzelbeispiele zurückgegriffen werden, auch wenn diese Daten sicherlich sehr vorsichtig interpretiert werden müssen. Ein COVID-19-positives 9‑jähriges Kind mit milden Symptomen eines respiratorischen Infekts besuchte 1 Woche lang 3 Schulen plus eine Skischule mit 172 Kontakten, 70 hatten respiratorische Symptome und 3 wurden aus anderen Gründen getestet. Alle waren negativ [5]. Etwa 8 Wochen nach einer größeren Infektionswelle an einer französischen Schule wurden serologische Untersuchungen auf SARS-CoV‑2 durchgeführt. Hier fanden sich 40 % der 15- bis 17-Jährigen und 43 % der Lehrer positiv, aber nur 2,7 % der unter 15-Jährigen. Auch die Übertragungsrate innerhalb der Familien war trotz engen Kontakts mit ca. 11 % sehr gering [6]. Ähnliche epidemiologische Beobachtungen kommen aus Australien. Hier führte das National Centre for Immunisation Research and Surveillance (NCIRS) eine Nachverfolgung und Infektionsclusteranalyse von jeweils 9 an COVID-19 erkrankten Lehrern und Schülern an 15 Schulen durch. Dabei wurden insgesamt 863 Kontaktpersonen untersucht, von denen nur 2 für SARS-CoV‑2 positiv waren (http://www.ncirs.org.au/covid-19-in-schools). Auch in Familien scheinen Infektionsübertragungen eher durch infizierte Erwachsene zu erfolgen [7]. Belege oder klare Hinweise für eine Transmission durch ein infiziertes Kind auf mehrere Erwachsene fehlen bisher [8]. Natürlich handelt es sich auch bei diesen Daten um Studien ohne Peer Review. Wir sind aber der Ansicht, dass bei derzeit nicht klar nachgewiesener vergleichbarer Infektiosität von Kindern im Vergleich zu Erwachsenen eine Güterabwägung erfolgen sollte, die nicht zum Nachteil der Kinder geschehen darf. Es sollte daher eine Balance zwischen ausreichender Protektion des medizinischen Personals und bestmöglicher Therapie gefunden werden. Im Rahmen von Reanimationen bei Kindern mit Verdacht auf COVID-19 ist dies aus unserer Sicht das Anlegen einer Basis-PSA bestehend aus FFP3-Maske, Schutzbrille und Handschuhen vs. der vollen PSA aus FFP3-Maske, Schutzbrille, Handschuhen und Schutzkittel wie vom ERC empfohlen. Das Anlegen einer solchen Basis-PSA ist in weniger als 20 s möglich und erlaubt so einen unverzögerten Beginn der kardiopulmonalen Reanimation.
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                florian.hoffmann@med.uni-muenchen.de
                Journal
                Notf Rett Med
                Notf Rett Med
                Notfall & Rettungsmedizin
                Springer Medizin (Heidelberg )
                1434-6222
                1436-0578
                25 August 2020
                : 1-2
                Affiliations
                [1 ]GRID grid.5252.0, ISNI 0000 0004 1936 973X, Campus Innenstadt, Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital, Interdisziplinäre Kinderintensivstation – Kindernotfallmedizin, , LMU Klinikum, ; Lindwurmstr. 4, 80337 München, Deutschland
                [2 ]GRID grid.411097.a, ISNI 0000 0000 8852 305X, Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, , Universitätsklinikum Köln (AöR), ; Köln, Deutschland
                [3 ]Abteilung Anästhesie, Kinderintensiv- und Notfallmedizin, Kinder- und Jugendkrankenhaus AUF DER BULT, Hannover, Deutschland
                Article
                769
                10.1007/s10049-020-00769-6
                7445804
                886d3231-0bca-448c-9836-4e97096549a0
                © Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020

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