Abstract. Aims: In this narrative position paper, we will summarize some examples of theoretical models of behavioral addictions. We will then make some suggestions for how theoretical models may inspire both research and clinical practice in the context of behavioral addictions. Results: Current theoretical models typically distinguish between general and specific risk factors. It is commonly argued that based on conditioning processes, affective responses to specific stimuli (cue-reactivity and craving) develop within the course of behavioral addictions. Diminished control over the behavior is reflected in reductions in inhibitory control and executive functioning. Cognitive distortions, attentional biases, and behavior-related expectancies are also considerable mechanisms. Theoretical models have been used to inspire advances not only in research but also in clinical practice. For example, theoretical models have inspired the development of standardized treatment protocols. Conclusions: If theoretical models contributed more consistently to scientific studies, a better understanding of the processes underlying specific mental disorders could be facilitated, which could then promote updates and modifications of the theoretical models and improvements in clinical practice. Close connections and stimulating discussions between theorists and therapists are very important and beneficial for advances over time.
Zusammenfassung. Ziele: In diesem narrativen Positionspapier werden zunächst einige Beispiele für theoretische Modelle im Kontext von Verhaltenssüchten zusammengefasst. Anschließend wird aufgezeigt, inwieweit theoretische Modelle für aktuelle empirische Forschung zu Verhaltenssüchten nützlich sein können. Zudem wird darauf eingegangen, wie theoretische Modelle die klinische Praxis im Kontext der Therapie von Verhaltenssüchten inspirieren können. Ergebnisse: Die zusammengefassten theoretischen Modelle zu Verhaltenssüchten unterscheiden typischerweise zwischen generellen (d. h. unspezifischen, allgemeinen) und verhaltenssuchtspezifischen Risikofaktoren. Bezüglich affektiver und kognitiver Prozesse nehmen die Modelle an, dass es aufgrund von klassischer und operanter Konditionierung im Verlauf des Suchtprozesses zur Entwicklung einer Reizreaktivität (cue-reactivity) und eines Verlangens (craving) kommt, die affektive Antworten auf die Konfrontation mit suchtassoziierten Reizen darstellen. Das Symptom der verminderten Kontrolle über das Verhalten geht, so die theoretische Argumentationsführung, mit Reduktionen der Inhibitionskontrolle und anderer Exekutivfunktionen einher. Kognitive Verzerrungen, Aufmerksamkeitsbias und verhaltensbezogene Erwartungen werden ebenfalls in den aktuellen Modellen als wichtig im Kontext von Verhaltenssüchten erachtet. Die theoretischen Modelle und Störungsmodelle werden genutzt, um die Forschung zu Mechanismen, die Verhaltenssüchten zugrunde liegen könnten, empirisch zu untersuchen. Dabei können aus theoretischen Modellen häufig direkte und gerichtete Hypothesen abgeleitet werden. Darüber hinausgehend wurden theoretische Modelle zu Verhaltenssüchten auch bereits zur Ableitung spezifischer und standardisierter Therapieprotokolle verwendet. Ebenso können die Modelle für Psychoedukation und eine Prüfung des Therapieerfolges nützlich sein. Schlussfolgerung: Die Verwendung von theoretischen Modellen kann die Forschung inspirieren und dazu beitragen, dass die grundlegenden psychologischen und neurobiologischen Prozesse, die in Verhaltenssüchten involviert sind, besser verstanden werden. Theoretische Modelle müssen dynamisch sein und entsprechend der aktuellen konvergenten und divergenten Befundlage aktualisiert und modifiziert werden. Je besser sie die Störungsmechanismen abbilden, desto wertvoller sind sie für die klinische Praxis. Eine enge Zusammenarbeit und inspirierende Diskussionen zwischen Theoretiker_innen und Therapeut_innen sind wichtig um die Forschung zu und die Versorgung von Patient_innen mit Verhaltenssüchten zu optimieren.