Tumorpatienten können zur Risikogruppe für schwere Verläufe einer COVID-19-Erkrankung
gehören. Aber was weiß man aktuell eigentlich auch unabhängig von Tumorleiden ganz
allgemein zum Krankheitsverlauf? Auf dem DGHO 2020 gab es ein Update.
Die ersten Patienten in Deutschland wurden an der München Klinik Schwabing behandelt.
Klinisch präsentierten sich diese Patienten initial mit leichtem Husten, ein wenig
Fieber und Rhinitis, vielleicht auch mal mit einer Diarrhoe wie es von anderen Erkrankungen
des Respirtionstrakts bekannt sei, erläuterte Clemens-Martin Wendtner, München. Im
Verlauf entwickelten manche Patienten Hyposmien und Hypogeusien. Aber nach etwa zwei
Wochen war bei einem Großteil der Infizierten auch diese Symptomatik wieder abgeklungen.
Diese erste Phase, so Wendtner, korreliere mit der frühen viralen Phase der Erkrankung.
In der zweiten pulmonalen Phase stehe die Lungensymptomatik sehr im Vordergrund. Bei
der respiratorischen Insuffizienz können man zunächst eine Typ-L-Symptomatik beobachen,
in der zwar eine schwere Hypoxämie zu beobachten sei, die Atmung aber noch weitgehend
normal sei. Erst die Typ-H-Pneumonie mit flächenhaften Infiltraten und einer geringeren
Lungenelastizität verlaufe mit einem akuten Atemnotsyndrom (ARDS, "acute respiratory
distress syndrome"). Hier sei meist eine invasive Ventilation erforderlich.
Es hat sich aber gezeigt, dass es nicht nur die Lunge ist, die bei der Infektion betroffen
ist. Neben den schon früh beobachteten Diarrhoen kann es zu einem akuten Nierenversagen
kommen, Thomboembolien, und kardiologische und neurologische Probleme werden beobachtet.
Und: auch eine überstandene Infektion bedeute nicht, der Patient über den Berg sei.
Viele dann negativ PCR-getestete COVID-19-Patienten erlebten in der Folge neurologische
und psychiatrische Symptome, die sich über Monate erstrecken können. So sei etwa die
Rate an Depressionen nach einer COVID-19-Erkankung um das dreifache erhöht [Ettman
CK et al. JAMA Netw. open. 2020; https://doi.org/10.1001/jamanetworkopen.2020.19686].
Daher, so Wendtner, müssten COVID-19-Patienten sorgfältig nachbeobachtet werden.
Im Hinblick auf die pulmonalen und endothelialen Prozesse bei COVID-19 sprach Holger
Moch, Zürich, Schweiz, von einer generalisierten endothelialen Inflammation, einer
Endotheliitis. Dies, so Moch, erkläre den schlechten Verlauf bei Patienten mit bereits
existierender endothelialer Dysfunktion, etwa bei Diabetes, Hypertonie und Übergewicht
sowie kardiovaskulären Vorerkrankungen. Anders als bei einer Influenza käme es häufig
zu Lungenembolien auch ohne tiefe Beinvenenthrombose. Dies hätten eine Reihe von pathologischen
Untersuchungen ergeben. Daraus könne man schlußfolgern, so Moch, dass sich bei COVID-19
möglicherweise eine spezifische De-novo-Koagulopathie ausbildet mit generalisierter
Thrombusbildung in verschiedenen Organen.
Bericht von der gemeinsamen virtuellen Jahrestagung der DGHO, OEGHO, SGMO UND SGH+SSH,
DGHO 2020 virtuell, 9. bis 11. Oktober 2020