Der grundlegende Ansatz, den Verzug als eine Systemeigenschaft einer spezifischen Prozesskette aufzufassen, hat sich im wissenschaftlichen aber auch im industriellen Kontext durchgesetzt. Während der Produktion durchläuft jedes Bauteil seine individuelle Prozesskette: angefangen von der Konstruktion bis zur Einstellung der geforderten Eigenschaften in der Wärmebehandlung. Falls die resultierenden Maße und Formen des Werkstückes dann nicht den geforderten Toleranzen entsprechen, steht am Ende der Prozesskette ein kostenintensives Verfahren (z. B. Hartbearbeitung, Richten), um eine Korrektur der Maße und Formen vorzunehmen. In jedem Prozessschritt können Verzüge entstehen oder die Ursachen für eine Verzugsauslösung in einem in der Prozesskette nachstehenden Fertigungsschritt generiert werden. Entsprechend der Methode „Distortion Engineering“ wurden während der Laufzeit des Sonderforschungsbereiches 570, basierend auf den Ergebnissen experimenteller Untersuchungen sowie FEM-Simulationen, die relevanten Verzugsmechanismen in den verschiedenen Modellprozessketten entschlüsselt. Am Beispiel der Prozesskette „Ring“ (Wälzlagerstahl 100Cr6) werden die wichtigsten Verzugsmechanismen, die in den einzelnen Prozessschritten identifiziert wurden, vorgestellt und deren Effekte auf die Maß- und Formabweichungen erläutert. Dazu zählen insbesondere die Fertigungseigenspannungen aus der Kaltumformung bzw. aus der spanenden Bearbeitung, die resultierenden Lastspannungen aufgrund des Eigengewichtes und den Kontaktbedingungen bezüglich der Chargierung als auch der Effekt aus den thermischen und umwandlungsbedingten Spannungen über den Mechanismus der Umwandlungsplastizität in der Wärmebehandlung.
The general approach to understand distortion as a system property of a specific process chain is now well established in the scientific as well as in the industrial community. During the production process each component runs through its individual process chain: starting from the design engineering till the adjustment of the required properties in the final heat treatment. At the end of the production line a correction of the component dimensions in a cost-intensive operation (e. g. hard machining, flattening) is often necessary because the resulting size and shape of the component does not achieve the defined tolerances. In every single process step, distortion can appear or the reason for distortion in one of the following production steps can be generated. Based on the method “distortion engineering”, the relevant distortion mechanism of different process chains were identified by results of experimental analysis and FEM simulations. On the example of the process chain “ring” (bearing steel 100Cr6), the main distortion mechanisms will be presented and their effect on the size and shape deviations will be explained. This includes the manufacturing residual stresses after cold forming and machining, the load induced stresses due to components dead weight and the condition of contact between the component and loading device, as well as the effects of the thermal and phase transition related stress by the mechanism of transformation plasticity during heat treatment.