Das Pflegebett von morgen
Körperliche Belastungen sind einer der Hauptgründe für Fehlzeiten und Berufsaustritte
in der Pflege. Um das Personal zu unterstützen und Pflegebedürftigen mehr Selbstständigkeit
zu verleihen, arbeiten die zwei Bremer Forschungsbereiche des Deutschen Forschungszentrums
für Künstliche Intelligenz (DFKI) gemeinsam mit der Johanniter-Unfall-Hilfe und den
Universitäten Oldenburg und Osnabrück an Robotiksystemen und Sensor-Lösungen für Pflegebetten.
Das Projekt AdaMeKoR wird vom Bundesministerium für Forschung mit rund 1,8 Millionen
Euro gefördert. Im Mittelpunkt des Mitte März gestarteten Projekts steht die Entwicklung
der Pflegebettausstattung von morgen, mit einem Roboterarm und einer Sensorik zur
Überwachung des richtigen Einsatzes. Die Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
forscht beispielsweise an einem Roboterarm zum Patiententransfer und an einer Sensorik,
die die Körperhaltung von Pflegenden im Umgang mit den Patienten analysiert.
Dritte Hand: Der Forschungsbereich Cyber-Physical Systems arbeitet an Steuerungsverfahren,
um einen Roboterarm auch durch leicht bedienbare Mittel wie einen Joystick einsetzbar
zu machen. Der Arm kann dadurch von Patienten mit Bewegungseinschränkungen als eine
Art dritte Hand verwendet werden. Hierzu wird der Roboterarm auf einem Beistelltisch
installiert, von wo aus er mithilfe eines Joysticks oder einer etwas komplexeren 3D-Maus
beim Anreichen von Gegenständen helfen kann.
Am Robotics Innovation Center werden Konzepte entwickelt, die einen unterstützten
Transfer von Patienten ermöglichen. Hier werden robotische Lösungen gesucht, die auch
bei Menschen mit höherem Körpergewicht sicher agieren, sich einfach bedienen und nahtlos
in den Pflegealltag integrieren lassen.
dkfi.de
Postkartenwettbewerb: Sieger gekürt
Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) hatte am 1. Januar 2020 einen Postkartenwettbewerb
anlässlich des Internationalen Jahres der Pflegenden und Hebammen ausgeschrieben.
Nun stehen die Gewinner fest: Der 1. Preis geht an Sandra Löwel. Sie stellt mit wenigen
Strichen das große Potenzial und die wichtigen Aufgaben der Pflegenden dar. Pflegen
kann so vielfältig und so umfassend sein, jeweils angepasst an die Lebens- und Krankheitsphase
des Menschen, der Hilfe braucht: Dasein und Begleiten, Halt geben und Stützen, Auffangen
und auf Händen tragen (Abb.).
Multitasking: Die Motive von Richard Coenen und Madeline Winter belegten die Plätze
2 und 3. Richard Coenen fokussiert auf das breite Spektrum des Berufs: Pflegen ist
Multitasking. Madeline Winter macht mit ihrer Arbeit auf die schwierigen Rahmenbedingungen
aufmerksam. Und sie erinnert daran: Nicht der Beruf an sich ist das Problem, sondern
die Umstände, die eben auch geändert werden könnten. Die drei Postkartenmotive können
über den DBfK-Shop als Set kostenlos (zzgl. Versandkosten) bestellt werden. Mit den
Karten kann - auch über das Jahr 2020 hinaus - auf die Situation der Pflegeberufe
aufmerksam gemacht und Pflege ins Gespräch gebracht werden, so der DBfK.
dbfk.de
Neues Pflegemodell wird erprobt
Das Gesundheitsministerium und das Innenministerium Schleswig-Holstein fördern für
drei Jahre gemeinsam das Modellprojekt "Autonome ambulante Pflegeteams - mehr Menschlichkeit
für ein attraktives Arbeitsfeld" mit knapp 800.000 Euro. Projektträger ist der ambulante
Pflegedienst Mook we gern gGmbH aus Meldorf, ein Tochterunternehmen der Stiftung Mensch.
Mit dem Aufbau autonom arbeitender Teams sollen Eigenverantwortung und Qualität in
der Pflege gestärkt werden. Die Pflegekräfte werden nicht einzeln für erbrachte Leistungen,
sondern pauschal nach Stunden vergütet. Sie entscheiden selbstständig ohne Pflegedienstleitung,
wie sie die Pflegebedürftigen versorgen. Die Pflegenden haben zudem die Möglichkeit,
direkt mit den behandelnden Ärzten in Kontakt zu treten.
stiftung-mensch.com
Lehramt Pflege studieren
In Kooperation mit der Universität Koblenz-Landau bietet die Pflegewissenschaftliche
Fakultät der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar (PTHV) den universitären
Vollzeit-Studiengang "Lehramt Pflege an Berufsbildenden Schulen (BBS)" an. Bis zum
15. Juli 2020 ist eine Bewerbung möglich. Der Bachelorstudiengang erstreckt sich über
sechs Semester, der Masterstudiengang über vier Semester. Der Masterstudiengang baut
auf den Bachelorstudiengang auf. Nach erfolgreichem fünfjährigen Studium und anschließendem
Referendariat erwartet die Absolventen der Schuldienst an berufsbildenden Schulen,
Fachrichtung Pflege.
pthv.de
Mehr Interesse am Beruf der Hebamme
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gab es im Jahrgang 2018/19 2.688 Hebammenschüler,
das bedeutet einen Anstieg von 44% in zehn Jahren. Allerdings entscheiden sich nur
wenige Männer für den Beruf des Entbindungspflegers. Im vergangenen Schuljahr gab
es bundesweit nur drei männliche Auszubildende, die Entbindungspfleger werden wollten.
Der Jahrgang 2018/19 gehört zu den letzten, die den Hebammenberuf in Form der schulischen
Ausbildung erlernen oder erlernten. Seit dem 18. Januar 2020 wird die bestehende schulische
Ausbildung in einen Bachelor-Studiengang überführt. Ab dem Jahr 2022 endet die aktuell
geltende Übergangsfrist.
Da es weiter einen Mangel an Hebammen gebe, steige die Bedeutung ausländischer Fachkräfte,
erklärte das Bundesamt: 2018 wurden den Angaben zufolge 274 Verfahren zur Anerkennung
von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen abgeschlossen, mehr als dreimal so
viele wie 2013. Fast alle Verfahren seien zuletzt positiv beschieden worden.
destatis.de
Lernende Station öffnet im Sommer
Zuerst war es nur eine Idee des Pflegedirektoriums, bald ist es Wirklichkeit. Die
"Lernende Station" am KRH Klinikum Nordstadt soll der Aus- und Weiterbildung von neuen
oder angehenden Pflegefachkräften, ausländischen Pflegefachkräften, Altenpflegern
und Pflegern und Medizinstudierenden einen praxisorientierten und geschützten Lernort
geben. "Die Lernende Station bietet unter interdisziplinärer Anleitung von Ärzten,
Therapeuten und Praxisanleitern ein neues Modell der Zusammenarbeit, des Lernens und
Lehrens", sagen Ann-Christin Hartung und Ina Wieben, Wissenschaftliche Referentinnen
der Pflegedirektion und selber examinierte Pflegefachkräfte. "Es war uns wichtig,
einen geschützten Ort zu schaffen, an dem unter interdisziplinärer Anleitung in Projekten,
Vorträgen und einer nach Kompetenzstufe möglichen Verantwortungsübernahme, gelernt,
geforscht und eine neue Kultur der Zusammenarbeit probiert werden kann", betont Sascha
Rehberg, Pflegedirektor am KRH Klinikum Nordstadt.
Raum geben: "Wir wollen allen Pflegefachkräften die Möglichkeit geben, langfristig
und interdisziplinär zu lernen und Wissen zu teilen. Das ist bisher im KRH möglich,
aber nicht so konkret und gebündelt wie auf unserer Lernenden Station", hebt Hartung
hervor. Im Juni verbringen die ersten Auszubildenden der neuen generalistischen Pflegeausbildung
ihre insgesamt 16-wöchige Praxisphase auf der Lernenden Station. Danach kommen aus
jedem Ausbildungsjahrgang der KRH Akademie und von externen Pflegeschulen, die mit
dem KRH kooperieren, Azubis auf die Station. Pflegefachkräfte, die aus der Elternzeit
zurückkommen, können sich auf der Lernenden Station wieder an den Arbeitsalltag gewöhnen.
krh.eu
Pflegewissenschaftler entwickeln Leitlinie
Ein Team um Prof. Dr. Sascha Köpke vom Institut für Pflegewissenschaft der Universitätsmedizin
Köln entwickelt derzeit gemeinsam mit Beteiligten aus unterschiedlichen Bereichen
eine S1-Leitlinie zur sozialen Teilhabe und Lebensqualität in der stationären Langzeitpflege.
Durch den Ausbruch der COVID-19 Pandemie ist die Pflege in Krankenhäusern und stationären
Einrichtungen in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Sowohl Pflegefachkräfte als
auch Pflegebedürftige müssen physische, psychische, emotionale und soziale Herausforderungen
meistern. Pflegebedürftige sind zudem einerseits besonders Corona-gefährdet und andererseits
mit Maßnahmen konfrontiert, die zu sozialer Isolation führen. Die Leitlinie nimmt
diese neuen Bedingungen in Betracht. Aktuelle Forschungsprojekte des Instituts befassen
sich mit der Versorgung von Menschen mit Demenz im Krankenhaus, der Vermeidung von
Gewalt in der Pflege und der Förderung von Schlaf von Menschen mit Demenz in der stationären
Altenpflege.
pflegewissenschaft.uni-koeln.de
Home-Schooling an Sana Kliniken
Seit Ende April 2020 erhalten 1.600 Schüler der 16 Pflegeschulen der Sana Kliniken
AG von ihren 400 Lehrern Fernunterricht. Dafür hat die Sana IT 80 Klassenräume simuliert:
Im Rahmen von Videokonferenzen, Materialbereitstellung, gemeinsamem Arbeiten an Dokumenten
und dem Stellen sowie Korrigieren von Aufgaben wird der Lernstoff vermittelt.
sana.de
Mobile Retter e.V. ausgezeichnet
Laut Deutschem Rat für Wiederbelebung erleiden in Deutschland jährlich mehr als 50.000
Menschen einen Herz-Kreislauf-Stillstand außerhalb eines Krankenhauses. Nur 10% der
Betroffenen überleben, da aufgrund der Eintreffzeit des Rettungsdienstes mit durchschnittlich
neun Minuten die Wiederbelebungsmaßnahmen häufig erst zu spät eingeleitet werden.
Dieser Problematik nimmt sich die Initiative Mobile Retter e.V. an und entwickelte
ein Konzept zur Smartphone-basierten-Ersthelfer-Alarmierung, das medizinisch qualifizierte
Ersthelfer per App auf Notfälle aufmerksam macht. Dieses Engagement zeichnet die Deutschen
Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM) mit dem Querdenkerpreis aus. Der Preis
ist mit 5.000 Euro dotiert.
dgim.de
Preis für Videobrille gegen Juckreiz
Lässt sich der Juckreiz (Pruritus) von Patienten durch den Einsatz von Virtual Reality
(VR) lindern? Studienergebnisse von Wissenschaftlern aus Oldenburg zeigen eindrucksvoll
den Einfluss audiovisueller Stimulation auf die Juckreizwahrnehmung. Mit ihrem Projekt
"Videobrille gegen Juckreiz" haben sie den diesjährigen Innovationspreis Dermatologie
gewonnen. Die Auszeichnung wurde in diesem Jahr bereits zum zehnten Mal vom Berufsverband
der Deutschen Dermatologen e.V. (BVDD) vergeben und ist mit 5.000 Euro dotiert.
bvdd.de
Unbillige Weisungen des Arbeitgebers
Ist ein Arbeitnehmer verpflichtet, eine Weisung des Arbeitgebers, die zwar mit dem
Arbeitsvertrag, dem Tarifvertrag und gesetzlichen Vorschriften vereinbar ist, aber
"billigem Ermessen" nicht entspricht, zu befolgen?
Das Weisungsrecht des Arbeitgebers ist in § 106 Gewerbeordnung normiert. Danach kann
der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher
bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen
einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften
festgelegt sind. Verstößt die Weisung eines Arbeitgebers gegen den Arbeitsvertrag,
gegen eine Betriebsvereinbarung, gegen den Tarifvertrag oder gegen ein Gesetz, ist
sie unwirksam und unverbindlich. Würde beispielsweise ein Arbeitgeber eine Arbeitnehmerin
zwei Wochen nach der Entbindung eines Kindes zum Dienst einteilen, wäre die Weisung
wegen Verstoßes gegen die Schutzfristen in § 3 Mutterschutzgesetz unwirksam.
Wie ist jedoch die Rechtslage, wenn die Weisung eines Arbeitgebers zwar mit dem Arbeitsvertrag
sowie höherem Recht vereinbar ist, aber nicht "billigem Ermessen" entspricht? Billiges
Ermessen setzt voraus, dass die Interessen beider Vertragsparteien ausreichend berücksichtigt
werden. Beispiel: Ein Orthopäde bescheinigt einer Pflegekraft nach zwei Gelenk- operationen
eine eingeschränkte körperliche Belastungsfähigkeit, die ihr auch schweres Heben und
Tragen verbietet. Die Pflegekraft wurde deshalb ausschließlich in der Verwaltung mit
Büro- und Beratungstätigkeiten beschäftigt. Nun weist der Arbeitgeber die Pflegekraft
an, wieder krankenpflegerische Tätigkeiten auszuüben. Ist sie dazu verpflichtet?
Nach früherer Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (22.02.2012 - 5 AZR 249/11)
musste der Arbeitnehmer solche unbilligen Weisungen bis zur gerichtlichen Klärung
der Rechtslage befolgen. Dies wurde aus § 315 Absatz 3 Satz 2 BGB hergeleitet. Am
14.09.2017 (5 AS 7/17) änderte das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung. Arbeitgeberweisungen,
die die Interessen der Arbeitnehmer nicht ausreichend berücksichtigen und deshalb
unbillig sind, müssen nicht befolgt werden. Die Nichtbefolgung einer Weisung, die
der Arbeitnehmer als unbillig wahrnimmt, ist jedoch nicht ohne Risiko. Dem Arbeitnehmer
drohen eine Abmahnung und gegebenenfalls eine Kündigung. Sanktionen, die wiederum
gerichtlich überprüft werden können.
In dem Fall, der der Entscheidung des BAG zugrunde lag, ging es um einen Immobilienkaufmann,
der am Standort Dortmund eingesetzt war, und nach Berlin versetzt wurde. Zwar erlaubte
der Arbeitsvertrag einen Einsatz in Berlin, die Weisung entsprach jedoch ganz offensichtlich
nicht billigem Ermessen. Der Arbeitnehmer wurde nach Abmahnung fristlos gekündigt
- zu Unrecht, wie das BAG nun entschied.