Laut der 2011 veröffentlichten Ergebnisse der leo. – Level-One Studie sind in Deutschland 14,5 % der Menschen im erwerbsfähigen Alter von funktionalem Analphabetismus betroffen ( Grotlüschen & Rieckmann, 2012), mehr als die Hälfte von ihnen spricht Deutsch als Erstsprache. Diese funktionalen Analphabeten können nach Definition der Studie maximal auf der Satzebene Lesen und Schreiben, die Textebene erreichen sie nicht. Da der Prozentsatz an Betroffenen in allen durch die Studie erfassten Altersstufen etwa gleich ist, kann man davon ausgehen, dass die schulische Prävention von funktionalem Analphabetismus bis heute nicht funktioniert; zu viele Schülerinnen und Schüler verlassen die Schule ohne hinreichende Kenntnis der Schriftsprache. Eine individuelle Förderung ist in der Schule aus unterschiedlichen Gründen oft nicht möglich, eine Individualisierung kann in einer Lerntherapie erfolgen. Die Biographieforschung zum funktionalen Analphabetismus zeigt, dass die Betroffenen häufig aus Familien stammen, in denen zur Unterstützung schulischer Probleme keine zielführenden Handlungsmuster zur Verfügung stehen. Eltern sehen sich oft nicht in der Lage, die für eine Lerntherapie notwendigen Schritte einzuleiten. Die Möglichkeit, Lerntherapie in Anspruch zu nehmen, sollte aber grundsätzlich allen bedürftigen Kindern zur Verfügung stehen und in unserem Bildungssystem fest verankert sein.