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Abstract
In kürzester Zeit wurde das gesellschaftliche und berufliche Leben aus den Angeln
gehoben. Statt Meetings im Büro mit direkter Kommunikation wird nun im Homeoffice
gearbeitet. Laptops und Streaming-Konferenz-Dienste sind gefragt wie nie. Was Arbeitnehmer
sich über Jahre nicht erkämpfen konnten, wurde kurzzeitig von einem Tag auf den anderen
vorausgesetzt: Home- office ist zum Standard in der Corona- krise geworden, um die
sozialen Kontakte so weit wie möglich zu reduzieren und #socialdistancing zu betreiben.
Grund genug, sich einmal aus medizinischer Sicht mit Digitalanwendungen im Gesundheitswesen
auseinanderzusetzen. Da Homeoffice im eigentlichen Sinne für Ärzte nur in den seltensten
Fällen möglich ist, sehen gerade junge Ärzte in der Digitalisierung einen enormen
Mehrwert für die Versorgung unserer Patienten.
Die Aufhebung des Fernbehandlungsverbotes durch den Deutschen Ärzte- tag vor zwei
Jahren machte den Weg für telemedizinische Sprechstunden mittels Video oder Telefon
frei. Seither wurden sie aber nur zurückhaltend in die Versorgung implementiert. Die
Gründe hierfür sind vielfältig. Teils liegen sie in der Altersstruktur der niedergelassenen
Ärzte, teils in der Honorierung solcher Leistungen.
Aktuell sind telemedizinisch arbeitende Kolleginnen und Kollegen gefragt wie nie.
Insbesondere für die Risikogruppe der über 65-Jährigen lassen sich hierdurch unmittelbare
Arztkontakte, aber vor allem Kontakte zu anderen Patienten vermeiden. Dennoch besteht
für diese Personen ein direkter Kontakt zum Arzt.
Heutzutage ist die Abholung eines Rezeptes noch in Papierform erforderlich, in Zukunft
wird die elektronische Übermittlung mittels eines E-Rezeptes möglich sein. Insbesondere
für ein Follow-up bei einer chronischen Erkrankung ist ein direkter Arzt-Patienten-Kontakt
oftmals nicht erforderlich.
Die Informationsdienste wie OnlineDoctor, derma2go oder Samedi verzeichnen derzeit
bei telemedizinischen Anwendungen eine Anfragesteigerung. Ein Grund hierfür ist die
Möglichkeit zur Entlastung des vor Ort tätigen Personals. Letztendlich bleibt dann
auch mehr Zeit für die Patienten in der Praxis.
Ebenso können Möglichkeiten der Digitalisierung bei der Ressourcenplanung eingesetzt
werden. Bekanntlich werden bei der Nutzung zum Beispiel von Google Maps unsere Bewegungs-
daten aufgezeichnet - nur so ist eine Verkehrsprognose in der App möglich. Ende März
wurden auch bereits von der Telekom anonymisierte Bewegungs- daten von Handynutzern
zur Analyse an das Robert-Koch-Institut weiterge- geben, um die Auswirkungen von Ausgangsbeschränkungen
zu überprüfen.
Einen Schritt weiter kann man mit der Auswertung von Wearables, zum Beispiel Fitness-Armbändern,
gehen. Aktuell nutzen etwa zwölf Prozent der Deutschen entsprechende Armbänder. Dabei
werden Herz- und Atemfrequenz, Temperatur sowie weitere Vitalparameter erfasst. Die
Auswertung dieser Daten, bezogen auf einen Postleitzahlbereich, kann die Ressourcenplanung
verbessern. Über eine erhöhte Herzfrequenz und Fieber können, unter Berücksichtigung
der Bewegungsdaten, Rückschlüsse auf eine Zunahme von Infektionen gezogen werden.
Somit können Ressour- cen in Krankenhäusern, aber auch auf Intensivstationen in diesem
PLZ-Bereich angepasst werden. Auf diese Weise würde eine optimale Nutzung der Intensiv-
und Krankenhauskapazität ermöglicht - zum Wohle der Patienten.
Darüber hinaus haben viele Menschen vor dem Hintergrund der Ausbreitung
der Coronainfektion Fragen an medi- zinisches Fachpersonal. Es existieren zwar diverse
Informationsseiten des Robert-Koch-Institutes, der Gesundheitsämter und des Gesundheitsministeriums.
Dennoch ist es auf diesen Seiten oft schwer, eine genaue Einschätzung der eigenen
persönlichen Situation zu erlangen. Das Resultat: über 30.000 Anrufe bei der 116117
an einem Tag zu Beginn der Coronaausbreitung, davon mehr bezüglich Informationen als
zu medi- zinisch ernsthaften Problemen.
Aber auch dieser Informationsbedarf muss in Zeiten einer solchen Krise ernst genommen
werden. Helfen können dabei ChatBots, die den Anrufer durch den Informationsdschungel
leiten und seine Fragen beantworten. Der Health Innovation Hub (HIH 2025) des Bundesgesundheitsministeriums
wird hier seiner Vorreiterrolle gerecht und hat einen entsprechenden Bot auf seiner
Internetseite zur Verfügung gestellt.
Es stellt sich nun die Frage, was von all dem nach der Coronakrise bleibt? Könnte
es sein, dass der Virus unsere Arbeitsweise in eine Richtung gelenkt hat, in die sie
sich ohnehin verändern wollte? Verhilft es uns zu einer vorausschauenden Perspektive,
in der Ressourcen korrekt geplant werden, bevor diese überhaupt benötigt werden? Ist
der Virus gar ein Evolutionsbeschleuniger?
Wünschenswert wäre der Ausbau der Telemedizin mittels Video- oder Telefonsprechstunde
und anderen digitalen Angeboten für niederschwellige Konsultationen. Dazu gehören
etwa Wieder- holungsrezepte, Routine- oder Verlaufskontrollen. Dies würde positive
Versorgungseffekte für die kränkeren und behandlungsaufwendigeren Patienten bedeuten
und gleichzeitig das Personal in den Arztpraxen entlasten.
Wie auch immer die Coronapandemie sich entwickelt: Eine Krise ist auch immer der Startpunkt
einer neuen Entwicklung. Wir als (junge) Ärzte müssen diese neuen Prozesse lenken
und uns aktiv in die Gestaltung einbringen.
Max Tischler
Sprecher Bündnis Junge Ärzte, WBA 5. Jahr, Hautärzte am Markt, Dortmund
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