Aktuelles aus der pädiatrischen Rheumatologie: Rückkehr zur Normalität nach der Pandemie? Translated title: Paediatric Rheumatology News: Return to Normality After the Pandemic?
There is no author summary for this article yet. Authors can add summaries to their articles on ScienceOpen to make them more accessible to a non-specialist audience.
Abstract
Liebe Kolleginnen und Kollegen aus der Rheumatologie!
Auch in der pädiatrischen Rheumatologie sind nun Themen im Fokus der Diskussion, welche
die Sicherheit des Therapiemanagements noch mehr in den Vordergrund rücken. Immerhin
haben wir am Höhepunkt einer weltweiten Pandemie mit Covid-19 noch vor einem Jahr
die Auswirkungen immunmodulierender Therapien und viele Sicherheitsaspekte – gerade
betreffend sehr junge Patient*innen mit rheumatischen Erkrankungen – aufmerksam und
mit Spannung verfolgt. Positiv zu verzeichnen war, dass weder die spezifischen Therapierisiken
bei Biologika, noch das Risiko eines Kindes mit einer rheumatischen Erkrankung an
einer akuten Corona-Infektion schwer zu erkranken, signifikant erhöht waren. Also
Rückkehr zum normalen Alltagsgeschäft? Nein, sicher nicht!
Neue Covid-19 assoziierte Krankheitsbilder
Gerade in der pädiatrischen Rheumatologie wurden neue Covid-19 assoziierte Krankheitsbilder
beschrieben (PIMS und dem Kawasaki Syndrom sehr ähnliche systemische Vaskulitisformen),
welche unser Verstehen des sehr engen Zusammenhanges zwischen Infektion und Immunität
vertieften. Andererseits wurde gerade den Fachärzt*innen für Kinder- und Jugendmedizin,
welche sich mit chronisch entzündlichen Erkrankungen sehr junger Patient*innen befassen,
in besonderem Maße bewusst, welche enorme Bedeutung die individualisierte Therapie
chronischer Erkrankungen impliziert: Ein Kind mit Therapien zu behandeln, welche potenziell
die Immunkompetenz – die Abwehr gegenüber häufigen Kinderkrankheiten und das Ansprechen
auf durchgeführte Impfungen – beeinträchtigen, setzt voraus eine klare Diagnose zügig
zu definieren, den richtigen Zeitpunkt („Window of Opportunity“) für die Therapie
zu wählen und eine angemessene Therapiedauer zu bestimmen.
Die Post-Pandemie-„Zeitenwende“
Dieses notwendige Abwägen zwischen den Risiken nicht ausreichend behandelter rheumatischer
Erkrankungen und dem Risiko von Komplikationen relevanter Infektionen des Kindes,
welche durch Impfungen überwiegend verhindert werden können, ist in der Post-Pandemie-„Zeitenwende“
zunehmend in den Fokus der pädiatrischen Praxis gelangt. Beispielhaft seien hier eine
Reihe sehr aktueller Publikationen genannt, welche die Fragestellungen der zeitnahen
Diagnosefindung, der präzisen Diagnostik und zum notwendigen Therapiemanagement im
Sinne von „Treat to Target“ adressieren:
Axial Involvement in Enthesitis-Related Arthritis: Results from a Single-Center Cohort
(Guo Y et al., Pediatric Rheumatology 2023, 21:13)
Hintergrund dieser Studie: Bei Kindern mit Enthesitis-assoziierter Arthritis (EAA)
bestehen Unterschiede im klinischen Phänotyp, wenn auch eine Beteiligung des Achsenskeletts
besteht. Diese wurden in einer Kohortenstudie untersucht und Unterschiede im Therapieregime
beschrieben.
Ergebnis: Insgesamt wurden 105 Kinder mit EAA (davon zeigten 57 eine axiale Beteiligung)
untersucht. Bei EAA-Patient*innen mit nur axialer Beteiligung bestanden eine deutliche
Verzögerung der Diagnose und signifikant höhere Entzündungsparameter (CRP). Außerdem
kam es bei der EAA-Kohorte mit axialer Beteiligung zu einer deutlich vermehrten zusätzlichen
Hüftgelenksarthritis.
Zusammenfassung: Axiale EAA wird oftmals später diagnostiziert und zeigt deutlich
erhöhte Entzündungsaktivität; dies rechtfertigt ein offensiveres Therapiemanagement.
The Importance of Differentiating Oligoarticular Juvenile Idiopathic Arthritis (JIA)
from Lyme-Arthritis in Pediatric Patients (Jelani W et al., Cureus 2022, Dec 21;14(12))
Hintergrund: Lyme Arthritis (LA) ist eine häufige Differentialdiagnose zur oligoartikulären
JIA, daher ist die Definition möglicher zusätzlicher diskriminierender Parameter für
eine rasche Diagnosefindung von Bedeutung. In einer Kohortenstudie wurde dies bei
insgesamt 61 Patient*innen analysiert.
Ergebnis: Beim Vergleich der beiden Patient*innengruppen zeigten sich folgende diskriminierende
Parameter, welche LA von einer Oligoarthritis unterschieden: BSG und CRP, sowie auch
die Leukozytenzahl in der Synovialflüssigkeit, waren signifikant höher bei Patient*innen
mit LA.
Zusammenfassung: Durch die Etablierung zusätzlicher diskriminierender Parameter kann
die wichtige frühe Diagnose der LA unterstützt und kann mit frühzeitiger antibiotischer
Therapie das Risiko von Komplikationen der Borreliose vermieden werden.
Identification of Novel Autoantigens as Potential Biomarkers in Juvenile Idiopathic
Arthritis Associated Uveitis. (Arve-Butler S et al., Frontiers in Pediatrics 2023, 10:1091308)
Hintergrund: Kinder mit JIA weisen häufig positive Autoantikörper gegen zelluläre
nukleäre Komponenten auf (ANA). ANA-Positivität bei JIA ist assoziiert mit einer potenziell
komplikationsreichen zusätzlichen Uveitis bei diesen Patient*innen. Die generelle
ANA-Messung ist allerdings zu wenig sensitiv und zu wenig spezifisch, um für die Entstehung
der Uveitis bei JIA als Prädiktor etabliert zu werden. Die mögliche Assoziation einer
Vielzahl von Antikörpern gegen 42.100 Peptid wurde nun erstmals in einer breiten Analyse
mittels Autoimmunity Profiling Planar Array, sowie auch mittels Massenspektrometrie,
untersucht.
Ergebnis: Eine Reaktivität in der Planar Array Analyse wurde für 332 Peptide dokumentiert.
Die Reaktivität gegenüber 16 spezifischen Antigenen war signifikant erhöht bei JIA-Patient*innen
mit Uveitis.
Zusammenfassung: In dieser Analyse konnten erstmals mögliche Autoantikörpermuster
beschrieben werden, welche als Risikoprädiktoren für die Entstehung der JIA-assoziierten
Uveitis etabliert werden könnten. Diese Risikostratifizierung würde erlauben, Riskopatient*innen
in besonderem Maße zu screenen und rechtzeitig einer offensiven Therapie zuzuführen.
Prim. Prof. Dr. Christian Huemer
Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, Landeskrankenhaus Bregenz, Akademisches
Lehrkrankenhaus der Universitäten Wien, Innsbruck & Graz, Bregenz, Österreich
This article is made available via the PMC Open Access Subset for unrestricted research
re-use and secondary analysis in any form or by any means with acknowledgement of
the original source. These permissions are granted for the duration of the World Health
Organization (WHO) declaration of COVID-19 as a global pandemic.