Ziel der Studie Die Häufigkeit Seltener Erkrankungen im Krankengut von Krankenhäusern und Universitätsklinika ist unbekannt. Der ICD-10 bildet Diagnosen Seltener Erkrankungen nur unzureichend ab, über entsprechende Entlassdiagnosen ist die Häufigkeit Seltener Erkrankungen nicht abschätzbar. Die Systematik des gegenwärtigen Krankenhausentgeltsystems scheint nicht auf eine leistungsgerechte Vergütung in der Behandlung dieser Erkrankungen ausgelegt. Durch Einführung einer verpflichtenden Dokumentation von Seltenen Erkrankungen sollte erstmalig eine repräsentative Abschätzung der Häufigkeit von stationär behandelten Seltenen Erkrankungen an einem Universitätsklinikum gegeben werden.
Methodik Seit 2017 erfolgt für alle stationär behandelten Patienten des Universitätsklinikums Dresden die obligate Abfrage, ob eine Seltene Erkrankung vorliegt. Im Falle eines Vorliegens, erfolgt eine Kodierung der Seltenen Erkrankung auf Basis der Orpha-Kennnummer, welche dazu in das Krankhausinformationssystem ORBIS implementiert wurde.
Ergebnisse Exemplarisch wurde das Jahr 2019 ausgewertet, in welchem am Universitätsklinikum Dresden von insgesamt 70 937 Entlassfällen für 19% eine Seltene Erkrankung kodiert wurde.
Schlussfolgerung Erstmals wurde eine prospektive und als lückenlos anzusehende Erhebung von Seltenen Erkrankungen an einem deutschen Universitätsklinikum umgesetzt. Die seitens der Europäischen Union definierte Prävalenz Seltener Erkrankungen von 6 bis 8% wurde um ein Mehrfaches überschritten. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird die tatsächliche Häufigkeit dennoch erheblich unterschätzt, da die Qualität der Kodierung mit der Nutzercompliance korreliert. Dadurch unterstreicht die Erfassung die besondere Rolle von Patienten mit Seltener Erkrankungen in der Versorgungsrealität von Universitätsklinika.